Laurence Compton, KOLAWOLE

 „Since 1964 I call my creative work Motion-Art. The meaning is not to distinguish a new art style. The definition recognizes a basic prinziple of culture of black people. African art until way back to the Pyramid Time has always been Motion Art. My paintings, prints and skulptures, better spiritings, continue in a modern way the African communication by language of vibrations. Body movements ( dance ), sounds ( from the talking drums to jazz ) and optical visibility ( hieroglyphs, music instruments and now my spiritings ) serve thereby essentially as transportelements. This language, which is also an element of nature’s activity, is based on groundmotives and their million variations. “ (L.C.Kolawole)

     Curriculum Vitae

Born:  20. Aug. 1931 in Beaumont, Texas

Art Training:  Scholarship at the Califorina School of Fine Arts – Employed at the San Francisco Museum of Art – Member of the San Francisco Art  Association.

Stations of living:  Beaumont (Texas), San Francisco, New York, Val Verde ( California ), Munic, Nigeria, Paris…

Reviews:  Art News 54 – San Francisco A A Bulletin 54 – San Francisco Chronicle 55 – San Francisco Argonaut 55 – Art News 57 – New York Times 57 – American Negro Art C.Dover, Pub. 61 – Cultural Exchange Centre, Los Angeles 65 – since 1966 many articles and critics in German, French and Nigerian magazins.

Auszug aus Kolawole’s Lagos-Manuskript 1967

Einführung in die Grundprinzipien von Motion-Art:

Seit 1964 nenne ich mein schöpferisches Werk Motion-Art. Keineswegs will ich damit einen neuen Kunststil absondern. Die Definition bestätigt gewissermaßen ein Grundprinzip der Kultur schwarzer Völker. Denn bis zurück zur Zeit der Pyramiden ist afrikanische Kunst immer Motion-Art gewesen. Meine Ölbilder, Zeichnungen, Drucke und Skulpturen – man sollte besser von Spiritings sprechen – setzen auf moderne Weise die afrikanische Kommunikation per Vibrationssprache fort. Dabei dienen Körperbewegungen (Tanz), Töne (von der Sprechtrommel bis zum Jazz) und optische Fixierungen (Hieroglyphen, Musikinstrumente und jetzt meine Spiritings) essentiell als Transportelemente. Die Sprache, die auch die Natur für ihre Aktivitäten benutzt und deshalb als einzige Sprache Universalität besitzt, basiert seit Jahrtausenden auf 24 Grundmotiven und deren Millionen Variationen (nicht Kompositionen, wie das bei der sogenannten Schriftsprache der Fall ist) vermitteln Informationen: Geschichte, Philosophie, psychische Wissenschaft, Naturkenntnis, kulturelle Tradition, Übertragung kosmischer Erinnerung, Ruf nach Revolution usw.. Eine weiter aktivierende Bemühung ist recht eigentlich medizinisch, sie stärkt und balanciert die Lebenskräfte. Wegen ihres Überflusses an Ausdrucksmöglichkeit kann diese Sprache nicht zur geschriebenen Sprache werden. Denn das Wort erfasst nur etwa 1/3 des menschlichen Kommunikationspotenzials, hauptsächlich auf dem Gebiet bekannter Fakten (die nicht unbedingt auf Realität beruhen), theoretischer Gedanken und synthetischer Spekulationen. Die viel breitere Geheimnissphäre des Unbekannten, Kommunikation mit Natur und Kosmos wie auch vergangene und zukünftige Ideen der Schöpfung vollziehen sich in der Dimension von Bewegung. Jedoch hat nur die schwarze Rasse diese Dimension als Kunst promoviert. Es ist eine kosmologische Kunst, die den Menschen nie von der Natur oder dem Kosmos abgetrennt hat und ihre größte Unterstützung  von gigantischen Raumfahrern empfing, die von einem anderen Stern nach Ägypten kamen, lange vor den sogenannten dynastischen Zeiten. Aus kulturellem Rassismus heraus ist die Evidenz dieses überlegenen Wissens vollständig zerstört worden, jedoch was bedeutet schon Evidenz oder in diesem Fall Mangel an Evidenz?
Wir können ja leicht den Trend weißer Amerikaner beobachten, die Evidenz, dass Jazz schwarze Musik ist, zu zerstören und was die Dokumentation betrifft, sind sie wirklich erfolgreich. Zum Glück benötigen oder erlauben unsere Prinzipien keine Dokumentation und ihre Evidenz ist immer die Aufrechterhaltung aktueller Kreativität. Kreativ zu sein bedeutet ja nicht Regeln oder Stilen zu folgen oder fremde Ideen auszubeuten, zu imitieren oder zu kopieren, es bedeutet das UNBEKANNTE zu tun.
Mit dem UNBEKANNTEN kann überhaupt nur in polyrhythmischer Weise umgegangen werden, damit die vielen Rhythmen der universellen Wirklichkeit – Erdrhythmus, Sonnenrhythmus, Mondrhythmus etc. – übereinstimmend erhalten bleiben. Abgesehen davon müssen drei weitere Vorbedingungen erfüllt werden: das zur Verfügung-stehen eines weitreichenden Repertoires an Wissen über Tradition, Geschichte, Zukunftswünsche und Werkmaterial – eine psychologische Disposition, die eine freie und ungestörte Benutzung dieses Repertoires erlaubt – und die Verkörperung eines Motivs, das mit den Motiven der Natur übereinstimmt.
Ich sehe keinerlei Beweis dafür, dass die Kultur des Westens in diesem Sinne Kreativ war oder ist, während die schwarze Kultur ihre Stärke genau aus der genannten Einstellung heraus bezieht. Das afrikanische Hauptmotiv ist wie das Hauptmotiv der Natur die Einheit von Raum und Zeit. Von außerirdischen Eingravierungen über den altägyptischen KA zum NOMMO-Motiv der Dogon Architektur und den ausgestreckten Eidechsen auf afrikanischen Trommeln hat diese Tradition sichtbare Zeichen einer kontinuierlich ungeschriebenen Sprache gesetzt, die weder Feuer, Krieg noch Verbot jemals stoppen kann….

Grundmotive nennt Kolawole eine Auswahl von 24 Zeichen, die er 1969 nach jahrelangem Grübeln plötzlich in sein Adressbuch malte in einer Bar nahe der Kathedrale von Notre-Dame, Paris. Am Ende des gleichen Jahres führte er sie mit Zirkel und Lineal in 20 cm Größe auf den Seiten eines Blockes aus. Ab 1970 flossen sie in seine Kunst, genannt Motion-Art, ein. Seine erste Holzskulptur nannte er ‚Die 24 Grundmotive’ (siehe rechts).

die 24 Grundmotive

Auszug aus dem Buch ‚Der Blaue Mohr’: „…weil unübersehbar Kolawole’s Motion-Art oder Kunst des sich bewegenden Urwortes in 24 Zeichen Gipfelte, die er Grundmotive nennt. Sie entstanden in den Wirren der schwarz-amerikanischen Revolution, ein Jahr nach Matin Luther Kings Ermordung. Ich höre Kolawole noch zu den schwarzen Freiheitskämpfern sagen: ‚Ihr macht die Revolution und ich mache das, was nach ihr kommt.’
Sie gingen irgendwie befriedigt wieder weg und fuhren fort, amerikanische Städte anzuzünden, während er nach Europa auswich und in höchster Intensität weitermalte, bis sich seine riesige Sammlung von Bewegungslinien – die er natürlich auch tanzte und redete – in der Natur beobachtete – im Jazz hörte – und im überbewußten wie unterbewußten Denken erlebte – zu 24 Urzeichen verdichtete.“

Art-Basel 12’81

Vortrag von G.v.Frankenberg auf der Pressekonferenz

Bevor ich Kolawole’s Motion-Art einerseits und mein eben erschienenes Buch NOMMO andererseits vorstelle und beides miteinander verbinde als TENDENZ nach 1975 – eine Definition, die die Baseler Kunstmesse eingeführt hat – eine kurze Stipvisite durch die letzten 100 Jahre:

Speziell seit 1880, so schreibt der New Yorker Museumsdirektor Robert Goldwater im ‚Colloquium on Negro Art’ von 1968 gibt es in Europa eine wachsende Sehnsucht nach ursprünglicher Klarheit. Diese Sehnsucht nach dem Essentiellen sei von afrikanischer Kunst nicht geweckt worden, sie habe aber darauf geantwortet. Denn sie traf massiv genau in dem Augenblick bei uns ein, als die Sehnsucht am größten war – 1889 auf der Pariser Ausstellung, dann 1897 nach der Zerstörung des Königreichs Benin und der kolonialen Aufteilung Afrikas insgesamt. Als wahrscheinlich erster Sammler gilt Matisse, der auch Picasso aufmerksam machte, mit dem Ergebnis der sogenannten Neger-Periode Picassos. Das, so Goldwater, war der Dammbruch für die Moderne Kunst Europas.

Daran wäre nichts auszusetzen, wenn man die Konsequenz gezogen hätte, dem Lehrmeister Respekt und Ehre zu erweisen, z.B. durch Berufung afrikanischer Künstler an europäische Akademien, und zwar als hochdotierte Professoren, für deren philosophisches Konzept man sich interessierte. Eben das geschah nicht; und ist bis heute nicht geschehen. Ich zitiere aus dem Katalog ‚Weltkulturen und moderne Kunst’ einer international beachteten Ausstellung im Münchner Haus der Kunst, die parallel zur Olympia 1972 lief:
„Es ist eine Maske . . . die 1907 den säkulären Bruch in den ‚Demoiselles d’Avignon’ (von Picasso) mitbewirkt. Seitdem gehören Masken nicht nur zum Repertoire, sondern zu den Quellen der modernen Kunst.“ Im gleichen Katalog bleibt man aber, wie überall sonst, beharrlich dabei, von Primitiven oder von primitiver Kunst zu sprechen. Das höchste der Gefühle sind Anführungszeichen für diese diskriminierende Bezeichnung. Sie sei aber gar nicht diskriminierend gemeint, wurde argumentiert. Wie denn? Als ich im gleichen Jahr 1972 zur Leitung des Münchner Kunsttempels ging mit dem Vorschlag, nach dieser Olympia-Ausstellung, die zum ersten Mal erstaunlich freimütig die nicht-europäischen Vorbilder neben die europäischen Nachbilder gehängt hatte, eine Fortsetzungsausstellung zu machen zur Klärung des philosophischen Konzepts afrikanischer, pazifischer und indianischer Kunst sowie dessen hochaktuelle Fortsetzung bei dem afro-amerikanischen Künstler und Philosophen KOLAWOLE – da musste ich mir sagen lassen, dass es bei den Primitiven kein Konzept gäbe, obwohl ich schließlich den Gegenbeweis in der Hand hatte. Die Träger der ‚Modernen’ reagierten nicht besser. Sie sperren sich nicht nur gegen das Vorhandensein eines bewußten Konzepts, sie verhindern auch die Teilnahme schwarzer Künstler an internationalen Kunstmessen. Deshalb sollte man sie eigentlich koloniale Ausbeuter und Diebe nennen.

Aber zurück zu Picasso. Laut Goldwater – der den Ausdruck Primitive Kunst oder Naturvölker ebenfalls nicht aufgibt – bewunderte jener, wie alle anderen, an der afrikanischen Skulptur, dass sie ‚vernünftig’ (reasonable) war bzw. einer ‚idealen Logik’ folgte. Unlogischer geht’s nicht. Denn unter ‚Vernunft’  versteht man gerade nicht die ideale Logik, sondern den Logos, in Afrika NOMMO genannt. Man hätte aber auch bei Kant Nachhilfeunterricht nehmen können, wenn man es schon ablehnte Afrika zu fragen. Denn für Kant war Vernunft das ‚obere Erkenntnisvermögen’, dass die vom Verstand diskursiv (sprich logisch) erfassten Erkenntnis-Gegenstände  v e r b i n d e t, übergreifende Sinnzusammenhänge und Einheit von Wissen und Handeln stiftet. Noch präziser ist für Afrika NOMMO – als Wort, das am Anfang steht – der reine Geist und damit die Einheit von Allem. Meine These lautet: in den 24 Grundmotiven hat Kolawole diesen höchsten, Einheit stiftenden Geist sichtbar gemacht.

Klee:“ Ich suche einen entlegenen, schöpfungsursprünglichen Punkt, wo ich eine Formel ahne für Mensch, Tier, Pflanze, Erde, Feuer, Wasser, Luft und alle kreisenden Kräfte zugleich.“  Hätte er, statt das afrikanische AKUA-BA Idol ausbeuterisch in ein europäisches Gemälde zu verwandeln, die afrikanischen Eingeweihten gefragt, was es beinhaltete, wäre ihm die gesuchte Formel als Fundament für die Bauhaus-Lehre zugefallen.

Franz Marc: “Wir gingen mit der Wünschelrute durch die Kunst der Zeiten…“ Das ist zu vornehm ausgedrückt für eine Zeit permanenten Völkermordes und Kunstraubes. Tastete diese Wünschelrute nicht gerade den Geist jener ab, denen man Geist absprach? Und hören Sie doch von Goldwater, warum es zu unterschiedlichen Stilen in unserer modernen Kunst kam: weil durch die Folgen des Kolonialismus die Maler in Paris – Matisse, Picasso, Modigliani und Brancusi – mehr mit den Werken der Baule, Dan, N’gere, Guro, Fang und Bakot in Berührung kamen, während ihre dutschen Zeitgenossen der Brücke-Gruppe – Nolde, Heckel, Kirchner – vor allem Zugang zur Kunst aus Kamerun erhielten, und so fort.

Selten, dass darüber so offen geredet wird. Von Galeristen weiß ich zudem, dass es Künstler gab, die ihre Teilnahme an der Welt-Kulturen-Ausstellung verweigerten, damit ihre Imitation nicht offensichtlich würde. Als ich aber  einem Mitverantwortlichen dieser ersten europäischen Nabelschau Radierungen von Kolawole anbot, damit ersichlich würde, dass hier ganz ohne Imitation, ja ohne Kontakt, der afrikanische Kulturgeist neue hochmoderne Blüten trieb, da gab es die gleiche allergische Verweigerung. In den USA war übrigens der Widerstand soweit gegangen, dass man Kolawole unter Androhung von Polizeigewalt daran hinderte, ein Antiquitätengeschäft zu betreten, in dem es afrikanische Masken gab. Als ich ihn dann 1966 nach München holte, sagte ein deutscher Maler, der seine Bilder sah, seltsam abrupt und neidvoll-wehmütig: du hast noch, was wir schon lange verloren haben. Wo gibt es aber Beweise, dass wir dieses ‚es’ je besaßen? Andere fühlen sich bei Kolawole’s Arbeiten an Klee, Kandinsky, Miro u.a. erinnert, ignorierend, dass der Fall genau umgekehrt liegt.
Bis zur Stunde habe ich erst zwei Kunstsachverständige getroffen, die ehrlich genug waren, es so zu sehen. Das ist einmal Professor Wichmann von der Karlsruhr Kunstakademie, Gestalter der Welt-Kulturen-Ausstellung. Als ich 1975 eigenständig jene vom Haus der Kunst verweigerte Fortsetzungsschau machte und das angeblich nicht vorhandene Konzept der Kunst schwarzer Völker präsentierte, war sein bündiger Kommentar: wenn sie Recht haben, muß ich total umdenken. Mit der vorbildlichen Konsequenz, zu einem Förderer des Nommo-Buches zu werden. Das ist zum anderen ein privater Kunstfreund aus dem Rheinland, der letztes Jahr im Muiska-Museum einen Siebdruck von Kolawole kaufte und sagte: Wenn der Mann gekannt wird, rasseln alle Preise moderner Kunst.
Verachtungswürdiger Gegenpol: als ich 1972 nach der Abfuhr beim Haus der Kunst das gefundene Konzept dem Leiter des Münchner Völkerkunde-Museums erklärte und um Mitarbeit bat, knallte dieser mit hochrotem Kopf meine Unterlagen auf den Tisch und schrie: Sie zerstören mein Lebenswerk! Denn der gut Mann hatte ebenfalls ein Konzept über die Hintergründe primitiver Kunst (ohne Anführungszeichen) entwickelt, ein europäisches natürlich, dass sich nicht im geringsten darum kümmerte, was die Hervorbringer, der von ihm untersuchten Objekte, SELBST dachten. Denn nach langläufiger Meinung können diese zwar Kunst hervorbringen, aber nicht denken. Und so nimmt es auch nicht Wunder, dass Janheinz Jahn, Afrika-Experte und Schriftsteller, seinerzeit Präsidiums Mitglied des deutschen Pen-Clubs, von mir auf Kolawole aufmerksam gemacht, zwar neugierig herbeieilte, dann aber vor allem wissen wollte wie dieser (…..) beim Malen den Pinsel hält.
Dreißig Jahre Beleidigung gegen einen schwarzen Künstler, der genau das gefunden hat, was alle weißen Künstler so inständig wie vergeblich suchen – DAS GEISTIGE IN DER KUNST, um den Titel von Kandinskys berühmten Buch zu zitieren. Hat man denn hier je vermocht zu definieren, was  G e i s t  überhaupt ist? Nein. Sonst könnte es nicht passieren, dass man das Wort so unterschiedslos einsetzt, bei Salmiakgeist, Geistreichsein, Weimarer Geist, schließlich vom eigenen Zeitgeist spricht, der einerseits laut Club of Rome die totale Katastrophe ansteuert, während man gleichzeitig das Gefühl nicht loswird, dieser Zeitgeist sei an Geistlosigkeit nicht mehr zu überbieten.
Was sagt Afrika?
GEIST IST DER TOTALE ZUSAMMENHANG VON ALLEM!
Hat Europa diesen totalen Zusammenhang gefunden? Ganz und gar nicht, im Gegenteil. Professor C.F.Weizäcker gab nach Abbruch seines zehnjährigen Projekts am Starnberger Max-Planck-Institut offen zu, dass es ihm nicht gelungen sei, das scheinbare Chaos gedanklich zu durchdringen. Mit anderen Worten gelang es ihm nicht den Zusammenhang zu finden. Wovor stehen wir statt dessen? Vor einer total zerdachten Welt. Nach 2500 Jahren hochgejubelter Denkarbeit, stehen wir zwar noch nicht materiell, aber ‚geistig’ schon vor dem Nichts. Dabei fing es mit Sokrates so vielversprechen an! Vielleicht weil er eine afrikanische Mutter hatte

Artikel – Cosmopolitan

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